Der "Start-Up Report 2022" zeigt, dass Start-Ups in Deutschland total auf Datenanalyse, künstliche Intelligenz und Internet of Things abfahren. Big Data hat eine große Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit. Das gilt auch für den Sport und den körperlichen Zustand der Athlet*innen. Aber wie soll man mit den Unmengen an Daten der Digitalisierung richtig umgehen, gerade wenn es um private Themen wie Gesundheit geht? Ist es überhaupt ok, dass der Trainer weiß, wann die Spielerin menstruiert? Das alles ist noch unklar…
Eingriff in die Privatsphäre?
2017 gab Sport-Tech-Expertin und Trainerin Fee Beyer die Studie “Der Gläserne Spieler in der Fußball-Bundesliga” heraus. Untertitel “Wie die Vereine ihre Spieler mit neuen Technologien überwachen". Zwölf Athletiktrainer der ersten und zweiten Bundesliga wurden befragt. Heraus kam, dass man Bewegungs- und Herzfrequenzdaten zur Prävention und Regeneration der Spielenden nutzte. Etwa zwei Drittel der befragten Vereine verwendeten auch damals schon Lichtschranken zur Leistungsoptimierung in Sachen Koordination, Reaktion oder Schnelligkeit. Aber - auch das war ein Ergebnis der Studie - das Know-How fehlte, wirklich beurteilen zu können, nach welchen Kriterien die Technologien bewertet und in die ganzheitliche Trainingssteuerung integriert werden können. Dennoch: Der Wunsch nach einer besseren Einschätzung zur Belastbarkeit der Spielenden ist auffallend groß. Und heute? Die medizinische Abteilung des VfL Wolfsburg erfasst den Zyklus seiner Spielerinnen per App. Damit erhofft man sich wichtige Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit des Frauen-Teams. Beim FC Ingolstadt in der 2. Liga unterstützt Athletiktrainer Tom Geitner die Spielerinnen dabei, den Zyklus oder Unterschiede im Körperbau zu beachten. Doch die Vision der sämtlichen Gesundheitsdaten und sportlichen Werte umfassenden Analyse und der darauf in Echtzeit individuell angepassten Ernährungs- oder Trainingsmaßnahmen wirft die Frage nach den Grenzen auf. Es besteht das Risiko der transparenten Spielerin, des gläsernen Spielers.
Nicht mehr nur 11 Freunde
Welchen Einfluss haben diese Daten auf uns? Was bedeutet es, wenn die moderne Technik in den Amateurfußball Einzug hält? Uwe Vormbusch ist Professor für Soziologie an der Fernuniversität Hagen. Er sagt, der Einsatz von Technik wird ähnlich wie im Profi-Sport die Art und Weise verändern, wie wir auf das Spiel gucken. „Das ist schon anders, das ist ein – ich sage mal – wissenschaftlicher Bezug, was ich da eigentlich tue. Das sind nicht mehr nur elf Freunde, die auf dem Platz stehen, sondern es ist eine geballte analytische, wissenschaftliche Struktur, die da zur Anwendung kommt“, so Vormbusch in einem Interview. Die Devise lautet auch im Breitensport: Messen, wissen, handeln. Doch die Schwäche von Big Data in der Gegenwart ist die Unvorhersehbarkeit von Verletzungen, Charaktereigenschaften und mentalen Dingen. Fluch und Segen zugleich. Die Spielenden sind (noch) nicht ganz gläsern.

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