Wie wichtig ist das Training neben dem Training?
A | Sehr wichtig im Hinblick auf die größte Herausforderung, vor der wir gerade stehen: den Sprung vom Breiten- zum Leistungssport zu schaffen. Der Fußball ist deutlich schneller und athletischer geworden. Da kann man mit individuellem Athletiktraining sehr viel erreichen. Spielerinnen wie Aylin Yaren absolvieren auf eigene Faust schon ein wahnsinniges Fitnessprogramm nebenbei. Bei anderen Spielerinnen ist die Athletik noch nicht so ausgeprägt. Das muss zusammenwachsen. Unser Ziel ist es, das Athletiktraining weiter zu forcieren. Einmal pro Woche ist das Mindeste. Das ist natürlich für die Spielerinnen neben Job, Studium, Mannschaftstraining und Spielen am Wochenende zeitlich eine große Herausforderung. Nicht jede wird den Weg mitgehen können. Man muss auch vorsichtig sein, wie viel Veränderung ein bestehendes Konstrukt verträgt. Man muss eine Balance finden und darf die Mannschaft nicht überfordern. Die Spielerinnen stehen auch so unter enormem Druck. Da geht es auch um das mentale Wohlbefinden. Je besser du mental drauf bist, desto besser verkraftest du körperliche Herausforderungen.
Inwiefern ist Life-Coaching ein Thema?
A | Lifecoaches, Mentalcoaches, Sportpsycholog*innen - dazu braucht es Ressourcen. Wir wollen auf lange Sicht auch ein solches Angebot schaffen. Momentan bieten wir schon ein Mentoring-Programm, wo Spielerinnen mit Investor*innen vernetzt werden.
Sportlich träumt Viktoria von einem eigenen Trainingszentrum im Stadion am Wildspitzweg in Mariendorf, wo jede Spielerin in einem integrierten Kraftraum ihr individuelles Programm absolvieren kann. So etwas ist in der Bundesliga längst der Anspruch. Du warst lange Co-Trainerin beim VFL Wolfsburg. Wir wollen ja auch in die 1. Liga. Reichen unsere Trainingsmöglichkeiten?
A | Stand jetzt reicht es nicht für das, was wir vorhaben. Wir brauchen eine feste Heimat, mit eigenen Kabinen. Wenn du heute erfolgreich sein willst, musst du so etwas bieten, sonst kriegst du keine Spielerinnen. Es soll ja auch eine Begegnungsstätte sein, in der man sich gerne aufhält und nicht erst zwei Minuten vor dem Training kommt und danach schnell wieder verschwindet. Dafür braucht es auch einen Wohlfühlfaktor. Das gibt einfach ein anderes Gefühl und Gefüge. Die Idee mit dem Wildspitzweg steckt noch in ihren Anfängen. So etwas ist herausfordernd in Berlin. Und so etwas geht auch nur über Sponsoring, Kooperationen, Unterstützungsleistungen. Es ist ein Prozess. Es geht nicht alles auf einmal.
Du hast als Juniorin bei uns im Bezirk bei Hertha Zehlendorf bzw. VfB Lichterfelde angefangen. Ab welchem Punkt deiner Karriere hattest du solche Trainingsmöglichkeiten wie unsere Mannschaft sie jetzt in der Regionalliga hat?
A | Bei Turbine Potsdam gab’s ziemlich schnell eigene Kabinen, aber keinen Athletikbereich. In Stockholm, bei Djurgården hatte ich das erste Mal einen Kraftraum. Beim FFC Frankfurt gab es immerhin eine Kooperation mit einem Fitnessstudio. Doch in der Nationalmannschaft wurde immer wieder thematisiert, ‘ihr müsst dies machen, ihr müsst das machen’. Auf Vereinsebene gab es aber keine Athletiktrainer, nur Chef- und Co-Trainer. Ich hätte damals gerne ein anderes Wissen gehabt, um mich besser um meinen Körper zu kümmern. Ich habe alles miterlebt, von ‘Hier hast du Hundert Euro und deinen Essenscheck’. Heute ist das eine ganz andere Betreuung in den Topklubs. Manchmal tut es weh, manchmal wäre ich gerne heutzutage Spielerin. Andererseits hatte ich eine super Zeit, die ich nicht missen will.
Viktorias nächster Schritt wäre ein gemeinsames Athletiktraining für die Mannschaft. Unterdessen schwärmt Fabian Kittmann vom Rehathleticum schon von einer App-basierten Trainingssteuerung. Andernorts werden Spieler*innen getrackt. Es geht um Herz-Kreislauf-, Hormon-, Stoffwechsel- und Zyklusdaten. Was hältst du davon?
A | Das finde ich alles schon super geil, aber nur ein Teil davon ist sinnvoll einsetzbar. Ich bin kein Fan davon, einfach nur Daten zu sammeln. Man muss sie auch einsetzen können. Zyklus-basiertes Training ist enorm wichtig - und in einer Individualsportart auch gut umsetzbar, wenn es um eine einzelne Athletin geht. Aber in einer Mannschaft, wenn 10 Spielerinnen gleichzeitig ausfallen, ist es eine mega Herausforderung! Genau wie die Balance zwischen Individualtraining und gemeinsamem Mannschaftstraining. Da müssen wir noch wachsen. Größer werden. Aber Frauenfußball explodiert ja gerade, endlich ist der Druck da!
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