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"Wie schnell du mit drei Kilo weniger gewesen wärst..": Bodyshaming und Essstörungen im Spitzensport

Seit Hockey-Nationalspielerin Nike Lorenz öffentlich von ihrem schwierigen Verhältnis zu Essen, ständig neuen Diäten, Gewichtsschwankungen und mentalen Problemen berichtete, teilen immer mehr (Profi-)Sportlerinnen ihre Erfahrungen. Nike Lorenz vermutet, ihr gestörtes Verhältnis zu Essen und ihrem Körper entwickelt zu haben, weil sie “als Sportlerin viel damit konfrontiert wurde, wie man sich ‘richtig’ ernährt”. Auf ihrem Blog schreibt sie weiter, dass ihr “Fitness-Level am Aussehen meines Körpers und Körperfettanteils festgemacht wurde”. Und Nike Lorenz ist damit nicht allein.

(Credit: nikelorenz.com / Auf dem Bild Nike Lorenz)

“Und jetzt stell dir vor, wie schnell du mit drei Kilo weniger gewesen wärst…”: Das bekam Biathletin Miriam Neureuther von ihrem Trainer zu hören - ausgerechnet nach der Goldmedaille bei der Heim-WM in Ruhpolding. Danach verzichtete sie auf Kohlenhydrate und nahm 10 Kilogramm ab. In kürzester Zeit. In der ARD Doku “Hungern für Gold - Essstörungen im Spitzensport” berichtet sie vom andauernden Druck, der ästhetischen Norm entsprechen zu müssen.


Heute hinterfragt sie die Systematik dahinter und sucht nach Lösungen, damit Sporttreibende eben nicht mehr für Gold hungern müssen.


(Credit: dpa)



Genau wie Kim Bui, eine der besten Turnerinnen Deutschlands, die vergangenen Sommer ihre Karriere mit einer bronzenen EM-Teammedaille beendete. In ihrer kürzlich erschienenen Biografie - „45 Sekunden. Meine Leidenschaft fürs Turnen - und warum es nicht alles im Leben ist" (mit Andreas Matlé) - bricht sie ihr Schweigen.


Kim Bui habe 30 Stunden pro Woche trainiert, doch ihrer Trainerin hat das nicht gereicht. Die Turnerin sollte abnehmen und bekam Bulimie. Fast sieben Jahre lang litt sie unter der Erkrankung.


(Credit: Christian Einecke)


Auch unsere Viktoria-Investorin, die Ex-Schwimmerin Franziska van Almsick, litt unter Essstörungen. Die Probleme begannen Ende 1995 vor den Olympischen Spielen in Atlanta. “Salzstangen und mal ein Äpfelchen, mal auch nur ein halbes. Und zum Frühstück ein Bonbon”, erzählt sie in einem STERN-Interview. Erst eine Therapie war ihre Rettung. Mehr dazu auch in Franziska van Almsicks Autobiografie “Aufgetaucht”.

Niemand thematisierte damals, dass die Schwimmerin bei 180 cm Körpergröße nur 60 kg wog. Weniger Wasserverdrängung halt, könnte man meinen. “Eine kontrollierte Gewichtsreduktion in einem vernünftigen, gesundheitlich nicht bedenklichen Rahmen kann häufig eine Leistungssteigerung bringen”, heißt es in einer Handreichung des Bundesinstitut für Sportwissenschaft. “Wird jedoch das individuell optimale Verhältnis zwischen Körper- oder Muskelmasse und Leistungsanforderung gestört, können neben der Leistungsminderung auch gesundheitliche Beeinträchtigungen auftreten. Neben einem erhöhten Knochenbruchrisiko können zahlreiche weitere medizinische Kurzzeit- oder Langzeitfolgen entstehen, abhängig vor allem von der zeitlichen Dauer und dem Ausmaß des gestörten Essverhaltens.”


​​Man spricht dann auch vom Krankheitsbild Anorexia athletica.

Anorexia athletica zählt zwar nicht zu den klinischen Essstörungen, aber es besteht die Gefahr, dass die Athlet*innen früher oder später in eine Sportler gleitet Anorexia nervosa oder eine Bulimie abgleiten.


Auch Männer betroffen


Hockeyspielerin Nike Lorenz macht für ihre Essstörung nicht nur den Leistungsgedanken, sondern auch die patriarchale Welt dafür verantwortlich. Das Patriarchat habe “die Frauen extrem auf ihr Äußeres begrenzt und vor allem eine Dynamik geschaffen, in welcher der Wert einer Frau durch das männliche Auge und dessen Bewertung bestimmt wird (#malegaze).” Aber auch Männer sind von Essstörungen betroffen.


Leicht fliegt weit: Als Skispringer Sven Hannawald 2002/2003 seine Karrierehöhepunkt erlebt und alle Springen der Vierschanzen-Tournee gewinnt, ist er nur noch Haut und Knochen.


(Credit: Imago)


Skisprung-Kollege Martin Schmitt war ebenfalls vom Magerwahn betroffen und ernährte sich zeitweise von nur 1300 Kalorien am Tag. Seit 2004 gilt beim Skispringen eine Body-Mass-Index-Regel. Ein zu niedriger BMI, der sich aus Gewicht und Größe errechnet, führt zur Verkürzung der Skilänge.


Bodyshaming und Essstörungen im Fußball


Ist es nicht krank, dass sich Fußballer wie Isco, Eden Hazard, Luke Shaw oder Wayne Rooney immer wieder als “fett”, “unfit” und “untrainiert” betiteln lassen mussten, während wiederum drahtig-dünne Spieler wie Jamal Musiala oder Riyad Mahrez auch nicht vor Bodyshaming-Kommentaren verschont bleiben?

Was war über Flügelflitzer Riyad Mahrez nicht schon alles zu lesen. Der sehe kein Land im körperbetoten englischen Fußball, der solle mal was essen. Selbst Trainer Pep Guardiola sagte 2020 noch: "Sehen Sie seine Beine? Es ist unmöglich, dass er sich verletzt, weil er keine Muskeln hat."


Zu dick, zu dünn!? Doch was ist sowohl physisch, als auch psychisch (noch) gesund? Die Forschung zur Gesundheit im Sport konzentriert sich fast ausschließlich auf männliche Spitzensportler. Vereinzelte Studien deuten jedoch darauf hin, dass Spitzensportlerinnen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen einem höheren Risiko für psychische Erkrankungen ausgesetzt sind. Dazu zählen auch Essstörung. Die School of Sport and Health Sciences der University of Central Lancashire, UK sammelte zwischen November 2020 und März 2021 anonymisierte Daten von 115 Elite-Fußballerinnen der beiden höchsten englischen Spielklassen. 36 Prozent der befragten Spielerinnen gaben Symptome einer Essstörung an.



90 Prozent der Teilnehmerinnen glaubten, dass die Inanspruchnahme von psychologischer Hilfe ihre Karriere verbessern würde. 86 Prozent gaben an, dass sie irgendwann während ihrer Spielzeit klinische Unterstützung wünschten oder brauchten. Laut Carly Perry sei es deshalb “von entscheidender Bedeutung, dass Fußballvereine hilfesuchendes Verhalten fördern“.


+++Solltest du weitere Infos oder Hilfe zum Thema Essstörungen benötigen, wende dich an www.bzga-essstoerungen.de/+++


Natürlich ist die Sportwelt nur ein Teil der Gesamtgesellschaft.

Körper und Körperlichkeit ist aber ein Thema, das uns alle angeht. In dem, wie wir miteinander umgehen oder einander bewerten. “Fettfeindlichkeit richtet sich gegen 46 Prozent der deutschen Frauen und (theoretisch) gegen 60,5 Prozent der deutschen Männer. Wobei das Mehrgewicht bei Männern oft akzeptierter ist, als das von Frauen. Fast bzw. mehr als die Hälfte der Deutschen sind gemäß BMI* (>25) demnach ‘übergewichtig’. Und die andere Hälfte hated? Wie absurd ist das denn?”, fragt sich die Journalistin Suse Bruha. Sie nennt den BMI (Body Mass Index) ein fragwürdiges Instrument und widmet sich dem Thema in einem Beitrag für die Deutsche Welle: “Fatshaming - Kampf für Akzeptanz”. “Wir haben alle was davon, damit aufzuhören, Körper zu kommentieren”, schreibt Suse Bruha auf Instagram, “das ist auch ganz leicht: einfach mal das Fresschen halten!”

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